© 2011 Luzifer-Verlag Steffen Jansen, Ahlen
ISBN 978-3-943408-33-1
ca. 213 Seiten
COVER:
Vor langer Zeit …
lag Unheil über einem kleinen Dorf bei Lübeck.
Dunkle Mächte – in Gestalt eines fleischgewordenen Wunsches – bedrohten die Dorfgemeinschaft und trieben sie zu einem grausamen Mord.
Heute …
wiegt Viktor Vogel 172,3 Kilogramm. Er wagt einen letzten Versuch, endlich abzunehmen und besiegelt diesen Schwur unfreiwillig mit seinem Blute an jenem unheiligen Ort. Erneut erwacht das Böse und nährt sich an Viktors Pfunden. Unheimliche Vorkommnisse begleiten fortan sein Leben und Viktor begreift: Abnehmen kann tödlich sein! Für ihn und alle, die er liebt!
REZENSION:
Als ich auf dieses Buch aufmerksam geworden bin, schoss mir als erster Gedanke in den Kopf, dass sich hier jemand an einer Neuauflage von Stephen Kings „Thinner“ versucht. Dieser Gedanke blieb auch Anfangs bestehen, da wir uns einem Protagonisten zuwenden, der – angewidert ob seines Gewichtes von sage und schreibe 172,3 Kilogramm – sich dazu entscheidet, nun rapide abzunehmen.
Diese Entscheidung fällt leicht betrunken und ähnlich einer Schiffstaufe besiegelt er diesen Schwur mit einer zerbrechenden Weinflasche.
Dumm nur, wenn man sich dabei selbst ein wenig verletzt und dadurch diesen Schwur sogleich mit dem eigenen Blut besiegelt.
Ab diesem Augenblick nimmt er auch ordnungsgemäß ab – man ist aber noch weit entfernt, irgendwelche mysteriösen Umstände dabei in den Fokus zu rücken, da er seine Nahrung umstellt und auch den Weg zu den Treffen der Weight Watchers nicht scheut.
Gleichzeitig darf er sich als Lehrer auch noch mit Jugendlichen herumschlagen, die schlimmer nicht sein können.
Nach und nach driftet die Story aber von etwaigen Gedanken in Richtung „Thinner“ weg und es entwickelt sich eine eigenständige Geschichte, in der sich mehr und mehr herausstellt, dass im Umfeld Viktors etwas nicht ganz in Ordnung zu sein scheint.
Nun bekommt die Geschichte eine weitere Ebene, deren Ursprung in alten Zeiten liegt – Zeiten, in denen der Glaube und das Wissen um dämonische Gestalten noch üblich waren.
Als geneigter Leser nimmt man der Erkenntnis Viktors teil und begleitet ihn auf dem Weg zu 20 Kilogramm weniger Gewicht und gleichzeitig dem Dahinscheiden einiger Personen in seinem näheren Umfeld, an deren Tod er nicht ganz unbeteiligt zu sein scheint.
Vincent Voss erhöht dabei mehr und mehr das Tempo in seiner Geschichte und somit fällt es mit Anzahl der konsumierten Seiten immer schwerer, dass Buch aus der Hand zu legen.
172,3 ist sehr eingängig geschrieben und lässt absolut nichts an einer gruseligen Unterhaltung missen. Sicher, die Personen könnten ein klein wenig tiefgehender dargestellt werden – aber dies wäre nur Jammern auf hohem Niveau, da man sich auch ohne zutiefst detaillierte Darstellungen der Lebensumstände der Familie Vogel bereits auf diese Familie problemlos einlassen kann und man sichtlich nervös wird ob der weiteren Gewichtsabnahme und den dabei resultierenden Nebenkriegsschauplätzen.
Alles in allem handelt es sich bei 172,3 um einen sehr dämonischen Roman, der diese Thematik auf ganz lockere Art und Weise in unsere Zeit transferiert und trotzdem glaubwürdig dargelegt ist.
Das Ende ist sehr abrupt und man ist beinahe enttäuscht, nun plötzlich nicht mehr weiter Lesen zu dürfen. Somit ein gelungener Unterhaltungsroman, der jeden Leser davor abhalten wird, irgendwelche Wünsche laut – womöglich gar mit Blut untermalt – zu äußern. Man weiß ja nie, wer bei der Umsetzung des geäußerten Wunsches urplötzlich mit Tatkraft zur Seite steht.
Jürgen Seibold/08.08.2013
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