c 2004 der deutschsprachigen Ausgabe: Eldur Verlag, Aachen
COVER:
Zum Buch:
Ein Mann, der von sprechenden Raubtieren verfolgt wird. Ein Kaugummiautomat, der Körperteile ausspuckt. Eine WG, in der die Lust auf Fleisch regiert…
Dies und noch mehr erwartet Sie in diesem Büchlein.
Band 1 von Jacks Gutenachtgeschichten enthält Horror, der von klassischem Grusel bis zum verstörenden Totalverlust der Realitätswahrnehmung reicht. Durch die meisten der Geschichten zieht sich ein roter Faden der Melancholie und der vergeblichen Suche nach menschlicher Wärme, an deren Ende Nichts ist außer Schmerzen und dem Gestank der Verwesung.
Die Szenarien werden erzählt in einer bildgewaltigen, metaphernreichen Sprache. Stets mit einem Schuss Ironie versetzt, doch das Lachen bleibt schnell im Hals stecken.
Zum Autor:
Torsten Sträter wurde in Dortmund geboren; seine Hebamme wurde irgendwann in den Siebzigern tot in einem Kornfeld gefunden.
Sein beruflicher Werdegang verlief nicht ganz nach Plan:
Er lernte Herrenschneider, trieb sich längere Zeit in New York herum und verfasste unter Pseudonym Bedienungsanleitungen für Kaffeemaschinen.
Shoppingkanäle lehnten ihn als zu “dämonisch”, Fetisch-Läden als zu “verkäufermäßig” ab.
Vor einigen Jahren kam es zu einem erbitterten Wortgefecht mit einem koksenden Teilzeitkasper, dem der Zauberladen gehörte, in dem Sträter gelegentlich arbeitete. Ihm wurde zwar eine ziemliche Wortgewalt attestiert, aber den Job verlor er trotzdem.
Seitdem schreibt Torsten Sträter, und seitdem hasst er Clowns.
Sträter hat einen Sohn und beherrscht einige verdammt gute Taschenspielertricks.
REZENSION:
Grundsätzlich versuche ich ja sämtliche erhaltenen Bücher nach ihrer Reihenfolge des Eingangs zu lesen.
Diese Reihenfolge kann nur durch wenige Umstände gebrochen werden. Zum Ersten, wenn mir mehrere Bücher eines Verlages vorliegen und ich dadurch andere zu lange auf eine Rezension warten lassen müsste und zum Zweiten, wenn ein Buch in meinen Händen auf das sofortige Öffnen und Lesen besteht: “Lies mich – aber sofort!!”
Torsten Sträters “Hämoglobin” gehört zur zweiten Kategorie.
Ich erhielt von einem mir bis dato absolut unbekannten Verlag eine Sendung, in der sich dieses Buch befand.
Die mörderische Playmobil-Figur auf dem Cover grinste mich höhnisch, wenn nicht sogar drohend an und zwang mich zum Aufschlagen des Buches und dem nachfolgenden Genuß unbeschreiblich fesselnder Horrorgeschichten, wie sie schon lange nicht mehr erhältlich waren.
In “Hämoglobin” befinden sich 10 (und ein kurzes “Zuckerl”) Horrorgeschichten die seinensgleichen suchen und viele Kurzgeschichten namhafter Autoren dieses Genres weit in den Schatten stellen.
Alle Geschichten ereilen den Leser in einer ihm bekannten Zeit und legen deutlich dar, daß der Horror blutrünstig und mit einer gehörigen Portion Ironie an jeder Ecke der heutigen Zeit lauern kann. Dies ist natürlich für den Leser umso gefährlicher, da man sich nicht einfach zurücklehnen und sich sagen kann: Naja, war ja eine blutrünstige Zeit – kann mir ja heut nicht mehr passieren… – Nein, in Hämoglobin ist man weder im Altenheim noch an einer Tankstelle, die man nur für seinen Gutenachtdrink aufsucht, davor gefeit.
Dies alles von einem Verlag, der bis heute nur vier Bücher körperlich auf die Welt los lies, sich selbst (sehr positiv!!) nicht allzu ernst nimmt (man nehme nur die running gags auf der unvermeidlichen Copyright-Seite) und den großen Verlag deutlich vor Augen führt, daß man sich vor ihm in Acht nehmen sollte.
Jeder einigermaßen ambitionierte Horrorleser sollte sich Jacks Gutenachtgeschichten 1 nicht entgehen lassen und sollten die beiden Folgebände nur annähernd so gut wie dieser Eröffnungsband sein, habe ich schon jetzt die Befürchtung (vielmehr: ANGST!), daß sich das Gefühl der knöchrigen Hand hinter meinem Rücken bewahrheitet und sie sich irgendwann vom Trugschluß zur zupackenden Hand wandelt….
Jürgen Seibold/23.01.05
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