Timur Vermes: Er ist wieder da

© 2012 by Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln

ISBN 978-3-8479-0517-2

ca. 396 Seiten / € 19,33

COVER:

Er ist wieder da – aber was könnte Adolf Hitler denn heute noch anrichten? Diese bitterböse Satire probiert es einfach aus, indem sie ihn im heutigen Berlin wiedererweckt. Und sie trifft deshalb von der ersten Seite an so schmerzhaft, weil ihr Protagonist der echte Hitler ist. Nicht der TV-Ulkhitler, nicht Hollywoods Haudraufhitler, sondern der Mann, der seine Umwelt eigenwillig analysiert. Der messerscharf und blitzartig die Schwächen der Menschen erkennt. Der sturheil seiner bizarren Logik folgt, verbohrt, aber eben nicht bescheuert.

Dieses Buch über Adolf Hitlers Weg von einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte über einen Kiosk und eine türkische Reinigung bis hinein ins deutsche Fernsehen ist ein atemberaubendes Lesevergnügen, so boshaft wie perfide: Weil der Leser sich zunehmend ertappt, wie er nicht mehr über Hitler lacht. Sondern mit ihm. Lachen mit Hitler – geht das? Darf man das überhaupt?

Findesn Sie’s selbst raus. Dies ist schließlich ein freies Land.

Noch.

REZENSION:

Es ist natürlich schon sehr gewagt, einen der größten Psychopathen dieser Erde zum Hauptthema eines deutschen Romans zu machen. Sicher, ER IST WIEDER DA soll eine Satire sein und somit stellt sich natürlich die Frage, ob man Adolf Hitler dafür in der heutigen Zeit verwenden darf?

Ehrlich gesagt: Warum nicht?

Sich über jemanden lächerlich machen ist zum Einen ein Selbstschutz und zum Anderen führt dies dazu, das eine Gestalt wie Adolf Hitler nicht nur voller krankhaftem Respekt betrachtet wird sondern einfach ins Lächerliche gezogen wird – und genau das würde den selbsternannten Führer doch bestimmt am Meisten ärgern. Somit prinzipiell eine sehr gute Idee.

Nun kommt also eine Timur Vermes ums Eck und sorgt in seinem satirischen Roman dafür, dass besagter Adolf Hitler – ganze 70 Jahre nach seinem glücklicherweise nicht geklappten Endsieg – im heutigen Berlin erwacht.

Ab diesem Augenblick könnte Vermes den geneigten Leser mit Klamauk bedienen und man hätte sicherlich hierbei schon genug Spaß damit. Aber erfreulicherweise wird genau dies nicht gemacht, da Vermes einen sehr anspruchsvollen Satireroman erschaffen hat, der den Leser zwar schmunzeln lässt, aber keineswegs notwendiges Nachdenken negiert.

Somit entsteht ein sehr umfangreiches Bild über einen Hitler, der sich selbst treu bleibt und dabei geradezu hofiert wird – jedoch keineswegs von irgendwelchen rechtsgesinnten Gestalten sondern von Medien, die in ihm einen sehr gelungenen Komödianten erkennen und ihm eine Plattform im Fernsehen bieten.

Hitler bleibt hierbei immer Hitler und durch diesen Umstand wird einem Leser mehr und mehr bewusst, auf welch dünnem Eis wir uns in unserer ach so modernen Landschaft bewegen. Timur Vermes kommt mit dem berühmten Spiegel ums Eck und lässt uns dabei ungeschminkt hineinblicken – sehr schnell wird einem dabei klar, dass ein Hitler somit leichtes Spiel hätte und sowohl Pressevertreter als auch unsere Politiker für diesen Redner ein leichtes Spiel wären.

Sehr interessant hierbei, dass eine NPD dabei sang- und klanglos verliert und gar von Adolf Hitler ins Lächerliche gezogen wird.

Lediglich durch eine kleine Seitenepisode macht uns Vermes darauf aufmerksam, dass der wieder gekehrte Adolf Hitler nichts weiter macht als den gleichen Mist zu verbreiten, den er schon in den 40ern erzählte: Macht uns doch in diesem Buch eine ergraute Jüdin kurz darauf aufmerksam, das der Komödiant Adolf Hitler genau das Gleiche erzählt wie das vermeintliche Original.

Es bleibt aber bei diesem kurzen Hinweis – insbesondere, da Hitler selbst diese Frau bekehrt und seinen Weg weitergeht.

Wer ein Buch mit irgendwelchen Kriegsgeschehnissen erwartet ist bei ER IST WIEDER DA gänzlich falsch – hier handelt es sich lediglich um einen Adolf Hitler, der seinen Weg in der heutigen Zeit sucht und seine Reden als angenommener Komödiant unter die Leute bringt. Seine Sichtweise ist klar – die der „normalen“ Menschen ist wahrlich interessant in diesem Werk zu entdecken.

Alles in allem ist mit ER IST WIEDER DA eine absolut geniale und anspruchsvolle Satire entstanden, deren Hauptprotagonist zwar Hitler ist, ich aber irgendwie den Gedanken nicht los werde, das dieser gar nicht die Hauptrolle darstellt.

Egal: Das Buch macht Spaß, regt zum Nachdenken an und lässt sich sehr angenehm lesen. Was will man mehr?

J.Seibold/01.11.2012

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