Thomas, Scott: Kill Creek

Originaltitel: Kill Creek

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Kristof Kurtz

Deutsche Erstausgabe 09/2019

©2017 by Scott Thomas

©2019 der deutschsprachigen Ausgabe und der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München

ISBN 978-3-453-32025-3

ca. 543 Seiten

COVER:

Am Ende einer langen Straße mitten im ländlichen Kansas liegt einsam und verlassen das Finch House. Es ist berüchtigt, schließlich ereilte jeden seiner Bewohner einst ein grausames Schicksal: Sein Erbauer wurde kaltblütig ermordet und dessen Geliebte von einem Lynchmob gehängt. Und die Finch-Schwestern, die Jahre später in das Haus einzogen, sollen dort immer noch ihr Unwesen treiben. Seitdem hat die böse Aura des Hauses jeden potenziellen Bewohner abgeschreckt. Könnte es also eine bessere Kulisse geben, um die vier erfolgreichsten Horrorautoren der USA an Halloween zu einem Interview zusammenzubringen und das ganze live im Internet zu streamen? Was als Publicity-Spaß beginnt, entwickelt sich schnell zum Albtraum für alle Beteiligten. Denn es kommen nicht nur die dunkelsten Geheimnisse der vier Schriftsteller ans Tageslicht, auch das Finch House selbst hütet ein dunkles Geheimnis. Aber anders als die vier Autoren möchte es dieses nicht für sich behalten. Und schon bald gibt es den ersten Todesfall …

REZENSION:

Beim Lesen der Coverbeschreibung des Debütromans von Scott Thomas mit dem Titel KILL CREEK freute ich mich sofort auf einen typischen, altmodischen Gruselroman, in dem – wie früher sehr oft – ein Haus die düstere und gruselige Hauptrolle spielt. Gleichzeitig stellte ich mir aber die Frage, ob dieses fast altertümlich klingende Schema auch in der heutigen Zeit noch funktionieren kann.

Macht es sich da ein neuer Autor recht leicht und versucht etwas Vergangenes zu kopieren oder kommt da gar eine neue Idee beziehungsweise Sichtweise, um dieses Gruselhausgenre in die heutige Zeit zu transferieren?

Nun, meiner Meinung nach schaffte es Scott Thomas recht gut, sich dem zweiten Aspekt anzunehmen und ein klassisches Genre auf ziemlich interessante Art neu zu erwecken.

Wir begleiten in seinem Buch vier herausragende Autoren zu einem Interview in besagtem Finch-House – organisiert von einem „Blogger“ mit ausreichender Reichweite, um für die Autoren aus Marketingsicht interessant genug zu sein. Dieser hatte sie dazu eingeladen und dafür gesorgt, dass die Autoren eine Nacht im sagenumwobenen Haus verbringen sollen.

Bis hier ist die Geschichte noch recht typisch und man rechnet bereits mit quietschenden Türen, knarrenden Treppen und durchs Bild huschende Schatten. Ein klein wenig schwingt dies auch immer mit – jedoch lässt Scott Thomas das komplette Klischee nicht durch, womit seine Geschichte im ersten Drittel zwar damit spielt, dennoch nichts offenlegt oder durchdringen lässt.

Gefühlt scheint nicht wirklich etwas zu geschehen. Bis auf ein paar Momente und Erlebnisse bringen die Autoren das Interview und die Nacht hinter sich.

Nach einer gewissen Zeit stellt sich jedoch heraus, dass die Autoren nach diesem Erlebnis mit einer drogenähnlichen Abhängigkeit vor ihren Rechnern sitzen um ein neues Buch zu schreiben. Jeder bereits am Ende seiner Leistungskraft, jedoch bis zu einem gewissen Punkt absolut ungebremst. Sobald zum Tippen aufgehört wird, scheint sich etwas Fremdes zu nähern.

Die vier Autoren schaffen es, sich erneut zu treffen und wagen abermals den Weg in das Finch-House, um endgültig der Einflussnahme des Hauses oder den darin lebenden Geistern ein Ende zu setzen.

Scott Thomas schafft eine geschickt erzählte Schleife. Dabei spielt er mit alten Regeln klassischer Gruselromane, dennoch gelingt es ihm, diese nicht zu kopieren, sondern einen Neustart zu verpassen. Gut, das Haus selbst trieft vor Klischees – die beiden Finch-Schwestern nicht minder: Trotzdem macht dies exakt den Flair dieser Geschichte aus und ich war richtig erfreut, eine moderne Story dieses von mir geliebten Genres lesen zu können.

Darüber hinaus ist KILL CREEK sehr personenbezogen erzählt und jeder Einzelne wird von seinen eigenen Dämonen aus der Vergangenheit gejagt. Allein dafür lohnt es sich bereits, KILL CREEK eine Chance zu geben.

Scott Thomas‘ Leistung bestand hauptsächlich darin, das versteckte, abgelegte Genre ein wenig abzustauben und den schönen, geisterhaften Gänsehaut-Grusel aus dem alten Schrank wieder hervor zu holen, um seinen Leser damit ein wenig zu erschrecken.

Dies ist ihm auch für einen Debütroman richtig gut gelungen.

Jürgen Seibold/22.09.2019

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