Rütten & Loening Berlin GmbH, 2002
COVER:
<em>orlando furioso</em> oder “Der rasende Roland” von Ludovico Ariosto gilt seit fünfhundert Jahren als das literarische Meisterwerk – ein Roman voller rätselhafter Verwicklungen, rasanter Verfolgungen, phantastischer Szenen und erotischer Abenteuer. Shakespeare, Goethe, Schelling und selbst Tolkien verehrten Ariost und ließen sich von ihm beeinflussen.
Thomas R. P. Mielke hat sich nun dieses einzigartigen Romans angenommen und ihn für unsere Zeit neu erzählt. Mit großer Kunstfertigkeit führt er in einen exotischen Kosmos der Magie und Liebe. Orlando, der erste Paladin Karls des Großen, wird zum stolzen und zugleich tragischen Held der Minne. Er hat sich in Angelica, die Tochter des Königs von Cathay, verliebt. Von ihr heißt es, sie sei die schönste Frau, die je das Antlitz der Welt erblickt habe. Kein Wunder, daß Orlando eine Vielzahl von Rivalen hat, die Angelica hinterher jagen und gleich ihm in einen gigantischen Irrgarten der Liebe geraten, der von Nymphen, Feen, Hexen und Dämonen bevölkert wird. Doch die Ritter Karls stehen nicht nur in Diensten der Minne, sondern müssen sich auch der sarazenischen Krieger erwehren, die das Frankenreich bedrohen – und am Ende ebenfalls dem Zauber der Liebe erliegen.
Thomas R.P. Mielke gehört zu den profiliertesten und erfolgreichsten Autoren historischer Romane in Deutschland. Seine Epen “Gilgamesch, König von Uruk” und “Inanna, Odyssee einer Göttin” standen monatelang auf allen Bestsellerlisten.
Zuletzt veröffentlichte er die Romane “Coelln – Stadt, Dom, Fluß” sowie “Die Kaiserin”.
Thomas R.P. Mielke lebt mit seiner Familie in Berlin.
REZENSION:
Mit <em>Orlando furioso</em> ist Thomas R.P. Mielke etwas gelungen, was man eigentlich nur aus der Filmbranche kennt: Er hat eine Neuverfilmung vorgelegt.
Bei Filmen besteht jedoch das Problem, daß Neuverfilmungen meistens bei weitem nicht an das Original heranreichen können. Im Gegensatz dazu hat Thomas R.P. Mielke etwas nicht nur neu abgeschrieben, sondern ein fünfhundert Jahre altes literarisches Meisterwerk von Ludovico Ariosto in Romanform für uns Sterbliche leicht verständlich und unterhaltsam neu erzählt.
Laut Umschlag handelt es sich bei <em>Orlando furioso</em> eher um einen historischen Roman, der zur Zeit Kaiser Karls dem Großen spielt, handelt. Aus diesem Grund hatte ich wohl anfangs etwas Schwierigkeiten dem Roman zu folgen. Nach und nach merkt man jedoch, das es sich eigentlich mehr um einen klassischen Fantasy-Roman handelt. Sobald man das erkennt, macht es erst richtig Spaß der Geschichte des Buches zu folgen.
Vielleicht sollte ich hierzu eine kurze Erklärung liefern: In meinem Fall ist es so, daß ich je nach Genre mit unterschiedlichen Grundeinstellungen an Bücher herangehe.
Bei einem Fantasy-Roman erwarte ich gute Unterhaltung, die jedoch keinen Anspruch auf Authentizität der handelnden Personen und Orte erheben muß.
Lese ich jedoch einen historischen Roman, erwarte ich jedoch auch, das zumindest ein Großteil der teilnehmenden Orte, Personen oder Rahmenbedingungen echt ist.
Bei <em>Orlando furioso</em> hatte ich anfangs diese authentische Erwartungshaltung und war doch etwas verwundert. Nach und nach schwenkte ich gedanklich um in die Fantasy-Ecke meines Gehirns. Und siehe da: Thomas R.P. Mielkes Unterhaltungsroman macht einfach Spaß.
<em>Orlando furioso</em> einfach als die Geschichte des rasend gewordenen Orlando zu betrachten wäre sehr undankbar. Das Buch bietet erheblich mehr: In diesem Roman werden unwahrscheinlich viele eigenständige Geschichten geöffnet, die je nach persönlicher Neigung für sicherlich viele Leser die ein oder andere Lieblings- geschichte innerhalb eines Romans enthält und ohne Probleme auch separiert zu lesen ist.
In welcher Zeit <em>Orlando furioso</em> spielt ist nebensächlich – könnte ohne Probleme jede Zeit sein, die es bisher gab oder noch geben wird. Aus historischer Sicht stimmt sowieso wenig, was ja wie oben erwähnt mit der aufgesetzten Fantasy-Brille wieder egal ist.
Das Interessante bei <em>Orlando furioso</em> ist eigentlich, daß man vieles kennt oder einem zumindest sehr bekannt vorkommt.
Das liegt daran, weil man bei <em>Orlando furioso</em> das Gefühl hat, daß jemand alle bisher bekannten Sagen und Legenden in einen großen Topf geworfen hat, eine Brise geschichtlicher Hintergrund dazu, die zeitliche Gleichsetzung aller Legenden dazu, alles stark umgerührt und als einen einzelnen Roman veröffentlicht hat.
Das ist extrem „witzig“ und steigert den Unterhaltungswert des Romans und seiner von Ariosta geschriebenen Grundlage erheblich.
Warum die Originalvorlage bereits von Tolkien verehrt wurde, ist somit leicht verständlich. Er hat wohl auch einige seiner Ideen bei Ariosta „geborgt“.
Es kommt in diesem Buch wirklich alles bekannte vor: fliegende Pferde, Zauberer, Ritter, Burgen, Zauberschwerter, Zauberrüstungen, unverletzliche Kämpfer oder Ritter, usw. usw. usw. – sogar Orks kommen kurz vor (die wohl Tolkien gut gefallen haben…).
Alles in allem sollte man <em>Orlando furioso</em> als einfachen, lockeren und nicht ernst zu nehmenden Unterhaltungsroman betrachten. Ich denke, mehr Anspruchs- denken erhob auch der ursprüngliche Autor nicht und dabei sollte man es auch belassen.
Kurzum: Ein wirklich guter Fantasyroman, mit viel Ehre (sehr, sehr, sehr viel Ehre), Ritterkämpfen, Liebe, Eifersucht, fantastische Figuren und großem Unterhaltungs- und Spaßfaktor. Außerdem auch mal gut: ohne erhobenem Zeigefinger.
Jürgen Seibold / 16.05.03
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