Milos Urban: Im Dunkel der Kathedrale

Deutsche Erstausgabe März 2008

c 2003 Milos Urban

Originaltitel: Stín Katedrály

c 2008 der deutschsprachigen Ausgabe: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München

ca. 252 Seiten / 9,95 €

COVER:

Bis auf den flackernden Schein dreier Kerzen liegt das Kirchenschiff im Dunkeln. Eine anonyme Nachricht hat Roman Rops im Morgengrauen auf den Prager Burgberg gelockt. Den Kunsthistoriker erwartet ein grausiger Fund: In einem Reliquiar ruht auf einem scharlachroten Kissen eine abgehackte Hand. Noch ehe er sich von dem Schock erholt hat, steht plötzlich die Polizei vor ihm: Man hat einen anonymen Hinweis bekommen, dass im Veitsdom jemand umgebracht werden sei. Und tatsächlich liegt in der Krypta die verstümmelte Leiche von Pater Kalandra. Die junge Kommissarin Klara Brochová nimmt Rops unter Mordverdacht fest, muss ihn aber mangels Beweisen aber wiedr freilassen. Dennoch lässt sie ihn fortan nicht mehr aus den Augen, nicht zuletzt deshalb, weil der Kunsthistoriker eine große Faszination auf sie ausübt. Rops sucht seiner Forschungen wegen nun fast täglich die Kathedrale auf. Ganz geheuer ist ihm dabei nicht, zumal einmal das Gerüst unter ihm wegrutscht. Trachtet man auch ihm nach dem Leben? Misstrauisch geworden, entdeckt er im Mauerwerk neu eingeritzte Teufelssymbole…

REZENSION:

Roman Rops ist Kunsthistoriker in Prag, wo er ein kunstgeschichtliches Buch über den Dom verfasst. Noch vor Tagesanbruch veranlasst ihn eine seltsame Nachricht vor seiner Tür, von seiner nahe gelegenen Wohnung zum Dom zu eilen. Dort erwartet ihn aber nicht die erhoffte Geliebte, sondern eine eingemauerte Leiche.

Die Ausführung der Tat deutet auf einen Kenner der Kirche und dort zirkulierender esoterischer Schriften hin – aber wer hätte ein Motiv? Die junge Polizistin Klara wird auf den Fall angesetzt. Sie verliebt sich zu ihrer eigenen Bestürzung erst einmal in den Mystiker Rops, und wird so im Laufe der Handlung immer weiter in die dunklen Tiefen des Domes hineingezogen. Das Buch schildert die Handlung abwechselnd aus der Perspektive dieser beiden Protagonisten. Diese schöne Idee verleiht dem Roman Spannung und Würze; denn wo Rops in esoterische Deutungen verfällt, lockert Klara die Stimmung mit ihrer frechen und unverblümten Art auf. Über weite Strecken gelingt es so dem Autor, eine ebenso gut lesbare wie unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Leider behält er sowohl diese einschränkende Personensicht als auch die Kathedrale als Fokus  bis zum Ende des Buches bei – obwohl weitere Morde geschehen, bleibt das Schema immer gleich. Gerade zum Ende hin zieht sich so die Handlung. Vergleiche mit Umberto Eco („Im Name der Rose“) sind daher auch nur bedingt passend. Zwar schreiben beide Autoren über Morde im kirchlichen Kontext, aber wo Eco einen raffinierten Plot strickt und die Leser zum Miträtseln einlädt, bleibt Urban irgendwo im Dickicht von Stützpfeilern, Bögen und Altären stecken. Streckenweise gelingt es ihm zwar, im Dunkel der Kathedrale (in der der Roman tatsächlich die meiste Zeit spielt) eine  geheimnisdurchtränkte Stimmung aufzubauen. Aber leider übertreibt er mit seinen esoterischen Theorien maßlos. Selbst Kenner der Esoterik dürften da irgendwann abschalten. Wenn sich nach etlichen Wirr- und Geheimnissen schließlich der Showdown ankündigt, kommt die Liebesgeschichte zwischen Rops und Klara zwar zu einem überraschenden Ende, aber die Auflösung der Taten bleibt extrem unbefriedigend. Spätestens hier hätte dem Dunkel der Kathedrale  ein wenig mehr Licht gut getan.

Katja Angenent für Hysterika.de / 06.04.2008

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