Garth Stein: Seelendiebe

Originaltitel: Raven Stole the Moon

c der deutschsprachigen Ausgabe 1999 by Wilhelm Goldmann Verlag, München

Übersetzung: Sabine Lohmann

COVER:

Buch

Seit ihr fünfjähriger Sohn Bobby bei einem Urlaub in Alaska ertrunken ist, treibt Jenna Rosen auf einen Abgrund zu. Anders als ihr Mann, der als erfolgreicher Immobilienmakler ganz auf zukünftigen Erfolg setzt, gelingt es Jenna nicht, sich von der Vergangenheit zu lösen. Bis sie spontan beschließt, an den Ort des Unheils zurückzukehren. Mitten in der Nacht bricht sie in Seattle auf und fährt gen Norden, Richtung Alaska. Ihr Ziel ist der kleine Fischerort Wrangell, denn ganz in der Nähe liegt jene Bucht, in der Bobbys Körper für immer verschwand. Doch schon nach kurzer Zeit widerfahren Jenna dort beängstigende Erlebnisse. Sie fühlt sich verfolgt und beobachtet, gespenstische Schatten bedrohen sie, und Menschen kreuzen ihren Weg, die ihr zutiefst unheimlich sind. Und dann stößt sie immer öfter auf die Indianerlegende von den Kushtakas, den Seelendieben, die ein Grenzreich zwischen Lebenden und Toten bevölkern. Jenna beginnt zu ahnen, daß Bobbys Schicksal auf rätselhafte Weise mit diesen gefährlichen Mächten verknüpft sein muß…

Mit “Seelendiebe” ist Garth Stein ein eindringliches Debüt gelungen, das große Mythen beschwört, urmenschliche Gefühle und Ängste zum Leben erweckt und auf verzaubernde Weise die Sphäre des Magischen mit der Realität verknüpft.

Autor

Garth Stein gilt trotz seiner jungen Jahre als herausragender Dokumentarfilmer, dessen Arbeiten mehrfach preisgekrönt wurden, u.a. in Cannes. Er selbst stammt von den Tlingit-Indianern ab und wuchs in Seattle auf. Heute lebt Garth Stein mit seiner Familie in New York.

REZENSION:

Garth Stein liefert mit seinem Debüt-Roman ganz solide Unterhaltung mit einer gehörigen Portion an Mythen, Legenden und indianischen Geistern.

Leider gibt es in der an sich sehr interessanten Geschichte einige Sachen, die mir ein wenig negativ aufgefallen sind. Hierzu gehört zum Beispiel der Umstand, daß Garth Stein von Beruf Dokumentarfilmer ist, sich jedoch in seinem Roman absolut nicht über die sicherlich genialen Landschaften Alaskas auslässt – dies hätte bestimmt in einer detaillierten Darstellung manch einen Leser zu einem Alaska-Fan machen können.

Als weiteres macht Garth Stein einige Handlungen auf, die nicht weiter verfolgt werden: Hier fällt mir besonders der Umstand auf, daß der männliche Hauptakteur von einer Investorengruppe 70.000,– Dollar erhält, damit er nicht auf die Idee kommt, diese für den Tod seines Sohnes verantwortlich zu machen. Dies war erstens für mich sehr verwunderlich, da der Sohn an einem Unfall gestorben ist (lassen wir mal die Geister aus dem Spiel – die kann man vor Gericht eh nicht vorbringen) und es für Robert Rosen und seine Frau keinerlei rechtliche Handhabe gegen diese Gruppe geben kann. Wenn ein Autor so ein Fass öffnet, erwarte ich auch die dementsprechende Handlung – ich dachte schon an alle möglichen Verschwörungen etc.; nur wird dieser Umstand schlicht im weiteren Verlauf ausser acht gelassen (zeigt mir bitte ein Unternehmen, daß Kohle abdrückt, ohne ein schlechtes Gewissen oder Dreck am Stecken zu haben!).

Jenna Rosen wid zwei Jahre lang von sämtlichen Therapeuten behandelt und kann trotzdem den Tod ihres Sohnes nicht verarbeiten, hat immense Probleme mit ihrem Mann und reist heimlich nach Alaska an den Ort, an dem das tragische Ünglück passiert ist – und siehe da, sie verhält sich wieder nahezu normal. Hier war Garth Stein ein bischen zu schnell mit der Heilung. Als letzten negativen Touch sehe ich den für mich unglücklichen Ausgang der entstandenen Liebesgeschichte – diesen möchte ich nicht verraten, da sonst zuviel an der Atmsophäre verloren gehen könnte.

Die aufgebaute Geschichte ist ansonsten sehr interessant, spannend aufgebaut und voller Informationen über die Mythen und Legenden der Tinglit-Indianer – leider ist die Entwicklung und der Ausgang sehr leicht vorhersagbar.

Alles in allem ist dieser Roman ein relativ leichter und ganz guter Einstieg in die Romanwelten der Genre Mystic, Horror, Fantasy. Ich denke jedoch, daß alte Hasen bei diesem Roman enttäuscht sind, da sie diese Geschichten schon tausendmal (und tausendmal besser dargestellt) gelesen haben.

Jürgen Seibold/26.12.2003

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