Originalausgabe 2019 bold, ein Imprint der dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
ISBN 978-3-423-23006-3
ca. 463 Seiten
COVER:
SCHÖNE NEUE MENSCHEN …
Vier junge Leute gründen in Berlin ein Start-up und entwickeln ein Tool: das Ting, das körperbezogene Daten seiner Nutzer sammelt, diese auswertet und auf ihrer Grundlage Handlungs- und Entscheidungsempfehlungen gibt. Die Idee überzeugt – das Ting schlägt auf Anhieb ein wie eine Bombe. Doch um zusätzliche Investoren zu gewinnen, sind Linus und sein Team gezwungen, sich auf ein gefährliches Spiel einzulassen: Sie verpflichten sich, den Empfehlungen des Ting zu folgen. Bedingungslos …
REZENSION:
Artur Dziuks Roman mit dem Titel „Das Ting“ spielt in unserer aktuellen Zeit und denkt das Prinzip allseits zur Verfügung stehenden Applikationen etwas weiter: Im Gegensatz zu Apps, die auf Basis von Vergangenheitsdaten Auswertungen vornehmen und eventuell gerade mal den Hinweis geben, man sollte mehr Schritte laufen, um sein Durchschnittspensum zu erreichen, wert das TING sämtliche zur Verfügung stehenden Daten aus und gibt klare Handlungsempfehlungen für aktuelle Entscheidungen. Das Ziel ist das Erreichen eines rundum zufriedenen und erfolgreichen Lebens. Dabei kann es auch sein, dass man Entscheidungen treffen muss, die auf den ersten Blick negativ klingen, anderen Menschen vor den Kopf stoßen oder man gar Freundschaften kündigt. Der Hintergrund dieser Empfehlung liegt irgendwo in der Zukunft und ist somit noch nicht zu greifen.
Die Idee klingt außerordentlich interessant und beängstigend. Darüber hinaus bietet diese Idee ein Sammelsurium an bösartigen Möglichkeiten, wenn nicht gar dramatischen Entwicklungen der psychologischen Art.
Artur Dziuk geht diesen Weg leider nur begrenzt und lässt in seinem Debüt all diese dystopischen Möglichkeiten unbeschrieben. Dieser Umstand ist sehr schade – nichts desto trotz sorgt „Das Ting“ für einen hohen Unterhaltungswert in einem spannend erzähltem Start-Up-Milieu. Man begleitet die Ersteller dieser App bei ihren ersten Wegen bis zur Marktreife und den dazugehörigen Zwistigkeiten.
Dziuk schreibt dabei sehr eingängig und nachvollziehbar. Die prinzipielle Idee ist gelungen und auch sehr interessant, nerdig und doch glaubhaft erzählt.
Alles in allem ein interessanter Plot eines aufstrebenden Unternehmens mit allen Höhen und Tiefen der ersten Monate und dem notwendigen „Federn lassen“, um sich als Marke bekannt zu machen. Kurzum ein doch sehr gelungener Roman, den man getrost lesen kann.
Für eine absolute Empfehlung hätte ich mir dennoch das „Ausrollen“ des Produkts auf die Menschheit gewünscht – dies mit einer dann folgenden, spannenden und hoffentlich in einer Dystopie endenden Dramatik. Also Menschen, die von einer KI zu ihrer vermeintlichen Zufriedenheit gelenkt werden. Nun, wie man merkt bin ich ein Freund der etwas härteren Gangart – aber vielleicht hilft dies dem Autor, hier gar einen weiteren Band nach zu legen? Das Produkt böte ausreichend Potenzial – oder wartet er gar auf die Empfehlung seiner App …?
Jürgen Seibold/25.02.2020
Antworten