Deutsche Erstausgabe
© Festa-Verlag
ISBN 978-3-86552-207-8
Originaltitel: Ghoul
Übersetzung von Michael Krug
COVER:
Etwas lebt auf dem Friedhof und kriecht nachts aus der Erde. Etwas, das nach Leichen sucht und sie frisst …
Sommer 1984. Timmy und seine Freunde freuen sich auf die Schulferien. Aber statt Sonne und Comics erwartet sie der tödliche Kampf mit einer grauenhaften Kreatur. Der Ghoul hat ihr Blut gerochen und ist auf der Jagd nach den Kindern. Und niemand hilft ihnen, weil niemand glauben kann, dass ein solches Wesen überhaupt existiert.
Der preisgekrönte Horrormeister Brian Keene erzählt eine furchterregende Geschichte von Ungeheuern, Mördern und dem Verlust der kindlichen Unschuld.
REZENSION:
Als ich das erste Mal von Brian Keene hörte, entschied ich mich zum Genuss seines Buches „Eine Versammlung von Krähen“, welches in meinen Augen nahezu eine Hommage an ältere Gruselromane darstellte und durch diese Verneigung davor genau meinen persönlichen Lesenerv problemlos treffen konnte.
Somit war es natürlich lediglich eine Frage der Zeit, bis ich erneut ein Werk dieses bereits zu überzeugenden Autors auf meinen Lesestapel legen würde.
Nun war es soweit und ich widmete mich seinem weiteren Roman mit dem horrortypischen Titel „Leichenfresser“.
Der Titel verspricht natürlich Blut und Horror – ob dieser dem Inhalt des Buches gerecht wird oder gar falsch gewählt worden ist?
Mal sehen…
LEICHENFRESSER handelt in den mir sehr bekannten und liebgewordenen 80er Jahren – dadurch muss sich der Autor nicht auf irgendwelche Gimmicks wie Handies oder weitere Errungenschaften unserer Zeit einlassen sondern kann ganz geschickt mit den Personen spielen, da damals die Interaktion noch durchweg auf persönlicher Ebene stattfand und Probleme nicht durch ein Posting auf Social Networks gelöst werden konnten.
Dies Darstellung der Zeit gelingt dem Autor absolut fehlerfrei und man ist durchweg hineingezogen in diese Welt, die einem selbst noch vor Augen liegt und ein wenig romantischer vorkommt als die heutige, etwas hektischer wirkende Umgebung.
Dieser Umstand ist aber eher nebensächlich, da auch nur einem begrenzten Leserkreis nahebringend – alle jüngeren werden dies beinahe als historische Betrachtung sehen und lassen sich hoffentlich einfach fallen.
Nichts desto trotz fügt sich die gesamte Handlung in exakt die vom Autor widergespiegelte Zeit ein – heutzutage wäre der Wirkungskreis wohl etwas weiter und somit bekommt Brian Keene bereits für die Darstellung dieses Jahrzehnts bereits eine Höchstnote von mir.
Warum nur reite ich so sehr auf dieser Zeit herum?
So ganz genau kann ich das auch nicht nachvollziehen – jedenfalls ist diese stimmig und LEICHENFRESSER fügt sich darin durchweg fehlerfrei ein.
Nun ist LEICHENFRESSER prinzipiell eine Gesichte über einen Ghoul, der erneut sein Unwesen treiben kann und sich somit von den Leichen eines Friedhofs ernährt. Nebenbei lässt er sich durch einen Helfer manche Dame vorbeibringen, durch die er den Erhalt seiner Rasse aufrecht zu erhalten hofft.
Dieser kurze Umriss ist in diesem Roman meiner Meinung nach jedoch eher die Nebensächlichkeit, denn hauptsächlich erzählt Keene in LEICHENFRESSER die Geschichte eines Sommers dreier Freunde, die mit genug Problemen behaftet sind, die bereits für ein gesamtes Leben reichen.
Das sie sich auch noch um den Ghoul kümmern müssen, wird hierin beinahe zur Nebensächlicheit.
Einer der Freund scheint ein ganz behütetes Zuhause zu haben, während der andere von seiner Mutter sexuell konfrontiert wird und der andere einen saufenden Vater sein eigen nennt, der seine Probleme mit der Faust zu lösen versucht und dabei weder von seiner Frau noch von seinem Sohn Abstand nimmt.
Anfangs dachte ich, dass es schon ein wenig mutig zu sein scheint, wenn Keene auf dem Cover des Buches mit einem King, Koontz und Barker verglichen wird – aber: Er wird diesen Berühmtheiten des Genres problemlos gerecht. Bereits nach nicht allzu viel Seiten befindet man sich in einem Sog, der sich absolut auf einer Linie von z.B. Kings „DIE LEICHE“ – verfilmt unter dem Titel STAND BY ME – befindet. Sofort fällt einem der Untertitel „Geheimnisse eines Sommers“ ein und man erkennt, dass die Geschichte über den Ghoul mehr und mehr die Nebensache ist. Ich persönlich hätte noch hunderte Seiten lang allein über die Erlebnisse dieser drei Freunde in diesen Schulferien lesen können – so sehr nehmen einen deren Erlebnisse mit.
Ähnlich wie bei Kings ES geht es um eine Freundschaft, deren Endergebnis der gemeinsame Kampf gegen etwas Übersinnliches darstellt – aber allein diese Entwicklung steht bereits für sich und macht alles weitere zu einer Unwichtigkeit.
LEICHENFRESSER ist einerseits natürlich Horror, da der Autor erfreulicherweise kein Blatt vor den Mund nimmt – andererseits aber auch eine absolut schöne, detaillierte, dramatische und tiefgehende Geschichte über drei Freunde, die ein wenig viel in einem einzigen Sommer durchmachen müssen und dabei erheblich mehr als ihre kindliche Unschuld verlieren.Das einzig Negative an diesem Buch ist das Erreichen der letzten Seite und ich werde mit Sicherheit erneut nach einem weiteren Buch dieses Autors schauen – obwohl ich mir nicht sicher bin, wie er diese Geschichte noch toppen könnte.
Jürgen Seibold/03.09.2013
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