Originaltitel: Brave New World
Aus dem Englischen von Uda Strätling
© 1932 Mrs Laura Huxley
© für die deutschsprachige Übersetzung: S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013
ISBN 978-3-596-95015-7
ca. 364 Seiten
COVER:
„Schließlich ist es, wo immer die Massen politische Macht errangen, stets eher um Glück als um Wahrheit und Schönheit gegangen.“
1932 erschien einer der wichtigsten utopischen Romane des 20. Jahrhunderts: ein heimtückisch verführerischer Aufriss unserer Zukunft, in der das Glück verabreicht wird in Form einer Tablette. Sex und Konsum fegen alle Bedenken hinweg, und Fertilisationsstationen haben das Fortpflanzungsproblem gelöst. Es ist die beste aller Welten – bis einer von außen dahinter blickt und einen Abgrund aus Arroganz und Verzweiflung entdeckt.
REZENSION:
Man muss sich beim Lesen dieses Werkes immer wieder vor Augen halten, dass dieses Buch bereits im Jahre 1932 erschienen ist. Allein dadurch ist man geplättet ob der Vision Aldous Huxelys. Gleichzeitig merkt man immer mehr, dass seine dargestellte Zeit – die in etwa im Jahre 2500 nach unserer Zeitrechnung stattfinden sollte – uns immer schneller und immer mehr einholt.
Doch gleichzeitig stellt sich die Frage, ob nicht die Mehrheit der Menschen unseres Planeten überhaupt mit der von Huxley als Zivilisation dargestellten Welt ein Problem hätten. Immerhin ist man von klein auf dazu konditioniert, während der täglichen Arbeit Freude zu empfinden. Sex ist nicht auf einen Partner fixiert, sondern kann mit wem auch immer als reiner Zeitvertreib durchgeführt werden. Sollte einem dann doch mal langweilig werden, gibt es noch die Flucht in den Alltagsurlaub anhand einer Droge, die erlaubt ist, keine Nebenwirkungen hat und den Nutzer geistig dahintreiben lässt.
Stellt sich somit die Frage, ob das nicht für viele ein angenehmen Leben darstelle würde – somit eine SCHÖNE NEUE WELT.
Es gibt auf unserem Planeten aber auch noch Bereiche, in denen Menschen auf normale Art und Weise gezeugt werden. Diese Bereiche werden von der Zivilisation aber höchstens als Urlaubsort verwendet – leben dort doch nur Wilde…
Eines Tages – durch gewisse Umstände – kommt einer dieser „Wilden“ in die hochgepriesene Zivilisation, in der jeder Mensch glücklich und zufrieden vor sich hinlebt. Ab diesem Augenblick stellt man sich die Frage, ob dieser „Wilde“ nicht eher der Spiegel ist, der uns vorgehalten wird – oder besser gesagt: Der Wilde stellt sich dieser Oberflächlichkeit entgegen und man hofft nahezu, eher als dieser Wilde eine Rolle spielen zu können. Andererseits wäre man ja nichts weiter als ein kleines Rädchen innerhalb einer durchdachten Zivilisation, in der man einfach nur vor sich hin lebt und sich dabei auch noch zufrieden fühlt.
Neben dieser Vielzahl an unterschiedlichen Gedanken, die dieses Werk entstehen lässt (und ja: es tauchen noch erheblich mehr auf), ist es dabei auch noch als durchweg visionär zu betrachten, welche Techniken der Autor in seine Geschichte einwebt. Man darf weiterhin nicht vergessen: Das Buch ist aus dem Jahre 1932!!! Nahezu alles, was Huxley darin beschreibt, hat uns schon eingeholt. Noch nicht in der schlußendlichen Ausprägung – der Weg dorthin ist aber erschreckenderweise geebnet und somit stellt sich die Frage, ob es sich bei diesem Roman nicht gar um eine Vorhersage handelt?
Noch einige wenige Generationen und wir könnten uns in dieser oberflächlichen Welt befinden. Ich denke, da sollte man zumindest ein klein wenig versuchen, dies nicht geschehen zu lassen.
Man könnte natürlich auch sagen, es handelt sich hier nur um eine Science Fiction Geschichte eines Schriftstellers – gibt ja auch heute genug davon – aber was, wenn doch mehr dahinter steckt?
In meinen Augen ist jedenfalls SCHÖNE NEUE WELT ein sehr visionärer Roman, dessen Thema – nun fast 90 Jahre später – uns immer schneller einholt. Gleichzeitig ist das Buch in dieser Übersetzung erfreulicherweise sehr gut zu lesen.
Mich hat dieses Werk sehr nachdenklich zurückgelassen und man ertappt sich dabei, ob man sich für ein ungefährliches Leben mit Sex und Drogen als Freizeitbeschäftigung oder aber für eine Art Freiheit, die aber gleichzeitig schwieriger aufrecht zu erhalten ist, entscheiden würde.
Macht euch einfach ein Bild und nehmt dieses Werk mit auf eure absolute muss-gelesen-werden-Liste.
Einer der besten visionären Science-Fiction-Romane aller Zeiten.
Jürgen Seibold/05.03.2017
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